Rezension: Sexualerziehung? Familiensache! – Regula Lehmann

Das Praxisbuch „Sexualerziehung? Familiensache!“ der vierfachen Mutter Regula Lehmann will Eltern konkrete Hilfe bei der Sexualerziehung von der Geburt bis zur vollen Reife geben. Wer aber denkt, dass hier deswegen Sex das Thema Nr. 1 sei, irrt sich. Die Sexualerziehung wird vielmehr in das größere Thema Erziehung eingebettet.

Die Autorin geht davon aus, dass die Basis einer christlich orientierten Sexualität in Verantwortung und erfahrener Liebe, in Beziehungsfähigkeit und Charakterbildung liegt. Dies gilt umso mehr in der heutigen Zeit, in der die Gesellschaft samt Medien ein einseitiges, lustfokussiertes Bild der Sexualität gibt. Um diesem enormen Druck widerstehen zu können, müssen Eltern sich selbst und ihre Kinder von früh auf mit Gutem und Schönem, mit Tugenden und gesundem Menschenverstand ausrüsten – und natürlich mit Vertrauen auf Gott.

Orientierung, Liebe und ein standfestes Vorbild

„Lassen Sie sich nicht von einer sexualisierten Gesellschaft diktieren, wie Sexualaufklärung auszusehen hat“ (S. 17) – diesen Satz könnte man als die zentrale Botschaft des Buches verstehen. Mit einer guten Prise Humor und Erzählfreude will die Autorin die Eltern in ihrer unersetzlichen erzieherischen Funktion ermutigen. Sie klingt umso überzeugender, da sie sich nicht für eine vermeintliche Expertin ausgibt, sondern ihre Erfahrungen als mehrfache Mutter präsentiert, die nicht „pfannenfertige Rezepte“ vorlegt, sondern den Leser mit „erprobte(n) Leitlinien und Prinzipien“ überzeugen möchte.

Damit sich Kinder zu eigenständigen Persönlichkeiten entwickeln, brauchen sie Eltern, die ihnen Orientierung, Liebe und ein standfestes Vorbild geben: „Der Begriff Erziehung beinhaltet das Verb ‚ziehen‘. Wir ziehen unsere Kinder mit ganzem Engagement in die Richtung, in der unserer Meinung und Erfahrung nach echtes Glück, liebevolle Beziehungen und ein erfülltes Leben zu finden sind. Das ist unsere Aufgabe als Eltern. Das erwarten unsere Kinder von uns, dafür sind sie uns anvertraut. Als Erwachsene werden sie dann entscheiden, ob sie unsere Werte teilen oder nicht“ (S. 123). Wichtiger als alles faktische und biologische Wissen ist es also, dass man in allen Situationen des Lebens lieben lernt und lieben lehrt.

Goldene Mitte zwischen Führen und Freigeben

Um dies vermitteln zu können, müssen Eltern oft auch schwierige Entscheidungen treffen. Regula Lehmann wird nicht müde zu erklären, dass Väter und Mütter stets die goldene Mitte „zwischen Führen und Freigeben“, zwischen Verklemmtheit und Schamlosigkeit zu treffen versuchen sollten. Respekt, Achtung der kindlichen Schamhaftigkeit, Selbstbeherrschung und innere Reinheit, Achtung auf Kleidung, Musik, allgemeine Umgangsformen, Freundeskreis, Freizeitaktivitäten usw. bilden den Rahmen für ihre Erziehung.

Die Autorin schafft es mit ihrem dialogischen Ton – überzeugen statt belehren – dem Leser gute Argumente für ihre Haltung zu erzieherischen und sexuellen Fragen zu vermitteln. An einigen Stellen kommt allerdings gerade die christliche Sicht auf Sexualität leider zu kurz, wie z. B. beim Thema Selbstbefriedigung oder bei der grundsätzlich offenen Haltung der Autorin gegenüber Verhütung, wenn etwa ein Teenager-Pärchen mit dem Abwarten bis zur Ehe überhaupt nichts anfangen kann oder wenn das Ehepaar sich keine Kinder wünscht. Eltern, die eine klare christliche Sicht auf Sexualität finden möchten, werden durch „Sexualerziehung? Familiensache!“ deshalb manchmal enttäuscht werden, trotz der vielen wert(e)vollen Tipps und Ratschläge.

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