Allgemein
Grundgesetz
Artikel 6 Abs. (2): »Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemein-schaft.«
Verfassung von Berlin
Artikel 1 Abs. (3): »Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend.«
Artikel 6: »Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.«
Artikel 12 Abs. (3): »Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.«
Artikel 13 Abs. (1): »Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlich-keit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz der Gemeinschaft vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. (…).«
Schule
Schulgesetz für das Land Berlin (SchulG)
§ 4 (1): »(…) Die Schule achtet das verfassungsmäßige Recht der Erziehungsberechtigten auf die Erziehung ihrer Kinder und nimmt Rücksicht auf die Empfindungen und Überzeugungen Andersdenkender. (…)«
§ 4 (2): »(…) Dabei ist das Prinzip des Gender Mainstreaming und die interkulturelle Ausrich-tung der Schulgestaltung zu berücksichtigen, wonach alle erziehungs- und bildungsrelevan-ten Maßnahmen und Strukturen unter Einbeziehung der Geschlechterperspektive und der interkulturellen Perspektive zu entwickeln sind. (…)«
§ 12 (4): »Übergreifende Bildungs- und Erziehungsaufgaben der Schule werden als Quer-schnittsaufgaben in den Fächern, fachübergreifend, in Lernbereichen und im Rahmen spezi-fischer Angebote und Projekte der Schule berücksichtigt. Querschnittsaufgaben sind insbe-sondere Sprach- und Medienbildung, Berufs- und Studienorientierung, Bildung zur Akzep-tanz von Vielfalt, Demokratiebildung einschließlich Menschenrechts- und Friedenserzie-hung, Europabildung in der Schule, Gesundheitsförderung und Suchtprävention, Gewaltprä-vention, Erziehung zur Gleichstellung und Gleichberechtigung der Geschlechter, interkul-turelle Bildung und Erziehung, (…), Bildung zur nachhaltigen Entwicklung und Lernen in globa-len Zusammenhängen, Sexualerziehung und Bildung für sexuelle Selbstbestimmung, (…) sowie Erziehung zu Bewegung und Sport (…).«
§ 12 (7): »Die schulische Sexualerziehung ergänzt die Sexualerziehung durch die Erzie-hungsberechtigten. Ihr Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern das ihrem Alter und ihrer Reife angemessene Wissen über biologische und gesellschaftliche Zusammenhänge sowie die Vielfalt der Lebensweisen und unterschiedlichen kulturellen Werte und Normen zu vermit-teln und sie zu selbstbestimmtem und verantwortlichem Handeln gegenüber sich selbst und den anderen in Familie, Partnerschaft und Gesellschaft zu befähigen. Insbesondere soll das Bewusstsein für ein gewaltfreies, respektvolles Verhalten in gegenwärtigen und zukünftigen persönlichen Beziehungen entwickelt und gefördert werden. Die Sexualerziehung darf zu keiner einseitigen Beeinflussung führen. Die Schule hat die Erziehungsberechtigten rechtzeitig und in geeigneter Weise über Ziel, Inhalt und Form der Sexualerziehung zu informieren.«
§ 47 (2): »Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, unter Berücksichtigung der päda-gogischen Situation der Klasse oder Jahrgangsgruppe im Einvernehmen mit der Lehrkraft den Unterricht zu besuchen. Ihnen ist in Fragen der Auswahl der Lerninhalte, der Bildung von Schwerpunkten und der Anwendung bestimmter Unterrichtsformen rechtzeitig Gelegenheit zu Vorschlägen und Aussprachen zu geben. Soweit Vorschläge keine Berücksichtigung finden, sind den Erziehungsberechtigten die Gründe dafür zu nennen.«
§ 67 (2): »Die Lehrkräfte (…) unterrichten, erziehen, beurteilen und bewerten, beraten und be-treuen in eigener pädagogischer Verantwortung im Rahmen der Bildungs- und Erziehungs-ziele und der sonstigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der Beschlüsse der schuli-schen Gremien. (…). (3) Die Lehrkräfte müssen unbeschadet ihres Rechts, im Unterricht die eigene Meinung zu äußern, dafür sorgen, dass auch andere Auffassungen, die für den Unter-richtsgegenstand im Rahmen des Bildungsauftrags der Schule erheblich sind, zur Geltung kommen. Jede einseitige Beeinflussung der Schülerinnen und Schüler ist unzulässig.«
Sexualerziehung
Rahmenlehrplan für die Klassen 1-10 in Berlin und Brandenburg – Teil B: Aus-führungen zur überfachlichen Kompetenzentwicklung mit Schwerpunkten auf der Sprach- und Medienbildung
»3.12 Sexualerziehung/Bildung für sexuelle Selbstbestimmung (S. 35)
Bedeutung des übergreifenden Themas
Der gesetzliche Erziehungsauftrag der Schule schließt die Sexualerziehung als einen wichtigen und unverzichtbaren Teil der altersgemäßen Erziehung ein. Sexualerziehung fördert selbstbestimmtes und verantwortungsvolles Verhalten. Dies soll zu einem selbstbewussten Umgang mit dem eigenen Körper und der eigenen Sexualität befähigen, bei der Entwicklung der eigenen sexuellen und geschlechtlichen Identität hilfreich sein und auch für ein partnerschaft-liches Leben sensibilisieren. Schulische Sexualerziehung berührt einen sehr persönlichen Bereich der Kinder und Jugendlichen, daher ist hier besonderes Verantwortungsbewusstsein und Sensibilität seitens der Lehrkräfte gefragt. Durch das Aufgreifen, aber auch das Auslassen oder Umgehen von Themen menschlicher Sexualität wirkt die Lehrkraft modellhaft in ihrem Handeln. Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung leitet sich aus den Kinder- und Menschen-rechten ab und basiert auf einem Bildungsansatz, der Vorurteile und Diskriminierung be-wusstmacht und abbaut. Die Eltern werden über Ziel, Inhalt und Formen der Sexualer-ziehung rechtzeitig informiert.
Kompetenzerwerb
Die Lernenden erwerben Wissen über den menschlichen Körper und seine Funktionen, zur Sexualität und Fortpflanzung. Dazu gehört das Wissen zur Entstehung und Verhütung von Schwangerschaften und zur Gesunderhaltung des Körpers. Die Schülerinnen und Schüler setzen sie sich u. a. mit Freundschaft, Partnerschaft, Liebe und Familie auseinander. Dabei wird die Vielfalt der Lebensweisen, der sexuellen Orientierungen und des Geschlechts ein-bezogen. Sie können sexuelle Orientierungen von den Kategorien Geschlecht (soziales und biologisches) und Geschlechtsidentität unterscheiden. Schülerinnen und Schüler ler-nen ihre Gefühle und Bedürfnisse wahrzunehmen und zu äußern, aber auch eigene Grenzen und die anderer wahrzunehmen und zu achten. Sie reflektieren ihren Sprachgebrauch und lernen, ihre Körpersprache zu verstehen. Sie analysieren die Verfügbarkeit und Darstellung von Körperidealen und Sexualität in den Medien und reflektieren den eigenen Umgang damit. So erwerben die Schülerinnen und Schüler die notwendigen Kompetenzen für ein vorurteils- und diskriminierungsbewusstes Miteinander und Füreinander aller an Schule Beteiligten. Dabei ist die Akzeptanz sexueller Vielfalt ein wichtiges Ziel des Kompetenzerwerbs.
Bezüge zu den Fächern
Sexualerziehung wird fachübergreifend bzw. fächerverbindend unterrichtet. Vielfältige Lerngelegenheiten bieten sich in allen Fächern, insbesondere im Sachunterricht, in Naturwissenschaften 5/6, in Gesellschaftswissenschaften 5/6 und in den Fächern Biologie, Ethik (Berlin), Deutsch, Politische Bildung, Geschichte, Theater, Wirtschaft-Arbeit-Technik, Sport, Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (Brandenburg) und in den Fremdsprachen. Bezüge gibt es weiterhin zu den übergreifenden Themen Demokratieerziehung, Gesundheitsförderung, Medienbildung, Sprachbildung und Gewaltprävention.«
Handreichung für das übergreifende Thema Sexualerziehung / Bildung für sexuelle Selbstbestimmung
GEW Berlin: »Endlich geschafft: Neue Richtlinien für Sexualerziehung. Ein neuer Orientierungs- und Handlungsrahmen schafft wieder eine zeitgemäße und verbindliche Grundlage für schulische Sexualerziehung in Berlin und Brandenburg«
»Ohne den beständigen Druck der GEW BERLIN und die kontinuierliche und engagierte Arbeit der AG Schwule Lehrer wäre es nicht so weit gekommen: Nun liegt erstmals mit dem Orientierungs- und Handlungsrahmen für das übergreifende Thema Sexualerziehung / Bil-dung für sexuelle Selbstbestimmung (OHR) als schulische Richtlinie ein Dokument vor, das sexuelle Bildung aus inklusiver sowie intersektionaler Perspektive und unter Beteiligung von Menschen mit und ohne Rassismuserfahrungen, unterschiedlicher sexueller Orientierungen oder Geschlechtsidentitäten betrachtet. Die neue Richtlinie ist auf alle wesentlichen Situ-ationen menschlicher Sexualität bezogen und nicht einseitig an binären Geschlechter-vorstellungen orientiert. Sie fokussiert nicht den Fortpflanzungsaspekt von Sexualität, son-dern folgt einem ganzheitlichen Sexualitätsbegriff. Einzigartig ist auch ein neu entwickeltes Kompetenzmodell, an welchem sich die Kompetenzentwicklung der Schüler*innen zu orien-tieren hat.
Auch Safer Sex modern gedacht
(…) Der OHR ist das fortschrittlichste Rahmenplandokument zum Thema Sexualerzie-hung in der Geschichte des bundesdeutschen Bildungssystems, seine Entstehung war ein langer Arbeitsprozess. Denn für die Berliner Schule erfolgte die Konkretisierung der schuli-schen Sexualerziehung bisher durch den Rahmenplan für Unterricht und Erziehung im Allge-meinen Teil (A V 27). Diese Richtlinie wurde letztmalig im Jahr 2001 überarbeitet und trotzdem war bei der Erarbeitung eines neuen Rahmenlehrplanes die Sexualerziehung im ersten Ent-wurf fast verschwunden. Durch beständigen Druck und kontinuierliche Arbeit konnte der OHR dennoch erfolgreich erarbeitet werden.«
Initiative Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz geschlecht-licher und sexueller Viefalt (IGSV)
»Gemäß den Richtlinien der Regierungspolitik 2023 bis 2026 setzt sich der Senat für Diversity- und Queerkompetenzen in allen pädagogischen Berufen ein, (…).«
Maßnahmen:
»230. Die für Familie und frühkindliche Bildung zuständige Senatsverwaltung wird bei der Ak-tualisierung des Berliner Bildungsprogramms für Kitas und Kindertagespflege (BBP) altersge-recht ausgerichtete Akzeptanzförderung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt berücksichti-gen.«
»233. Die für Familie und frühkindliche Bildung zuständige Senatsverwaltung prüft die Neu- und Weiterentwicklung bestehender pädagogischer Materialien zu Themen wie Diversity, LSBTIQ+ und Antidiskriminierung.«
»250. Die für Bildung zuständige Verwaltung prüft die Einführung von Richtlinien zum Um-gang mit Angleichung und Anerkennung des Geschlechts und der geschlechtlichen Identität von Schüler*innen. Diese sollen die Anerkennung des selbstgewählten Vornamens und der selbsterklärten Geschlechtszugehörigkeit von trans, inter und nicht-binären Schüler*innen bzw. von Schüler*innen, die in einer anderen Geschlechtsrolle als der bisherigen auftreten und anerkannt werden möchten, insbesondere in Bezug auf die mündliche Kommunikation, schulische Dokumenten, Zeugnisse und weiteren Urkunden, die Nutzung geschlechtsspezi-fischer Umkleide- und Sanitärräume, die Teilnahme an geschlechtsspezifischen Bildungsange-boten und die Teilnahme an außerschulischen Angeboten regeln.«
»251. Die für Bildung zuständige Verwaltung entwickelt Handlungsempfehlungen für einen für TIN Personen inklusiven Sportunterricht, der das Recht auf diskriminierungsfreie Teilhabe an sportlicher Betätigung für Schüler*innen jeder geschlechtlichen Identität und Geschlechts-zugehörigkeit verwirklicht hinsichtlich räumlicher und organisatorischer Voraussetzungen, Sportpädagogik und –didaktik sowie Leistungsbewertung.«
»257. Die für Bildung zuständige Senatsverwaltung setzt sich dafür ein, dass queere Bildungsprojekte, die gefördert werden, Bezüge zu weiteren Diskriminierungsformen herstellen (intersektionaler Ansatz).«
Kindertagesstätten
Sozialgesetzbuch (SGB) – Achtes Buch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII)
§ 22 (2): »Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen (…) 2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätig-keit, Kindererziehung und familiäre Pflege besser miteinander vereinbaren zu können. Hierzu sollen sie die Erziehungsberechtigten einbeziehen (…).«
§ 22 (3): »Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen.«
§ 22a (1): »Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förderung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln. Dazu gehören die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption als Grundlage für die Erfüllung des Förderungsauftrags sowie der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen.«
§ 22a (2): »Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte in ihren Einrichtungen zusammenarbeiten 1. mit den Erziehungsberechtigten und Kinderta-gespflegepersonen zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Kontinuität des Erziehungs-prozesses, (…). Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen in wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen.«
§ 22a (3): »Das Angebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien orientieren. (…).«
Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertages-pflege (Kindertagesförderungsgesetz – KiTaFöG)
§ 1 (2): »Die Förderung in der Tageseinrichtung hat die individuellen Bedürfnisse und das je-weilige Lebensumfeld des Kindes und seiner Familie zu berücksichtigen. (…).«
§ 1 (3): »Die Förderung in Tageseinrichtungen soll insbesondere darauf gerichtet sein, …
5. das Kind dabei zu unterstützen, ein Bewusstsein vom eigenen Körper und dessen Bedürfnissen zu erwerben, (…)«
§ 10 (1): »(…) Das Personal von Tageseinrichtungen in öffentlicher Trägerschaft soll bei Erfül-lung seiner Aufgaben auf die weltanschaulich-religiöse Neutralität achten.«
Frühe Bildung in der Kita
Berliner Bildungsprogramm für Kitas und Kindertagespflege
darin: »Körper- und Sexualitätsentwicklung sensibel begleiten« (S. 70f.)